Spielräume in Prozessen der Subjektbildung
Während die Strukturprinzipien beim ersten Fachtag (2017) je einzeln hinsichtlich ihrer Bedeutung wie auch ihrer Möglichkeiten und Grenzen befragt worden sind, richtete sich diesmal das Interesse auf den Zusammenhang zwischen den Prinzipien der Freiwilligkeit / Offenheit / Partizipation und dem Prinzip der Subjektbildung.
Ausgehend von der alltäglichen Arbeitspraxis der OKJA-Fachkräfte im Umgang mit den Strukturprinzipien wurden diese Erfahrungen anhand von drei Fragestellungen reflektiert:
- Inwiefern trägt ein Arbeiten entlang des Strukturprinzips der Offenheit / der Freiwilligkeit / der Partizipation dazu bei, dass Kinder und Jugendliche ihre Bedürfnisse, Anliegen und Fähigkeiten wahrnehmen, vertreten und schließlich auch umsetzen können?
- Welchen Beitrag kann das jeweilige Strukturprinzip also zur Subjektbildung der Kinder und Jugendlichen leisten?
- Welche Begrenzungen oder gar Zwänge erleben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der OKJA, wenn sie entlang des jeweiligen Strukturprinzips arbeiten und einen Beitrag zur Subjektbildung leisten (möchten)?
- Und last but not least: Welche – vielleicht noch ungenutzten – Spielräume lassen sich gemeinsam bestimmen – und laden möglicherweise dazu ein, Neues auszuprobieren?
Das inhaltliche Ziel des Fachtags war es also, bestehende Handlungsspielräume zur Realisierung der Strukturprinzipien zu bestimmen, aber auch neue, eroberungswürdige Spielräume zu entdecken sowie ggf. auch Ansätze zur Nutzung dieser Spielräume zu entwickeln.
In den Diskussionen zeigte sich zunächst, dass der zentrale Beitrag der Prinzipien der Freiwilligkeit / Partizipation / Offenheit zur Subjektbildung darin besteht, dass z.B. im Rahmen von partizipativen Projekten jungen Menschen konkrete Erfahrungsräume eröffnet werden, in denen sie „sich ausprobieren“ bzw. ganz praktisch lernen können, ihre Bedürfnisse, Interessen, Anliegen und Stärken wahrzunehmen, zu vertreten und umzusetzen.
Hinsichtlich der Begrenzungen pädagogischer Spielräume bei der Umsetzung der Prinzipien zeigten sich – unabhängig vom konkreten Handlungsfeld – einige Gemeinsamkeiten; darunter etwa die personelle Ausstattung oder auch eine Verrechtlichung von Aufgaben unter dem Aspekt der „Sicherheit“ (vgl. „Hygienevorschriften“).
Im alltäglichen Umgang der Fachkräfte mit diesen Begrenzungen bzw. zur Frage der Spielräume wurde schließlich zweierlei sichtbar: Erstens entwickeln und praktizieren die Fachkräfte der OKJA auf der individuellen Ebene kreative und oft auch mutige Lösungen bei der Nutzung oder Erweiterung von Spielräumen. Zweitens sind – im Sinne einer Vergrößerung von Spielräumen – kollektive Zusammenschlüsse nicht nur nützlich (z.B. Kooperationen), sondern können sogar dringend geboten sein – etwa zum Zweck einer Problematisierung eines strukturellen Umstands, der den Strukturprinzipien entgegensteht.
Ulrike Steinforth, Münchner Trichter